Studie: Medizinalcannabis bei chronischen Schlafstörungen

Juli 28, 2021
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Chronische Schlafstörungen sind extrem belastend. Die Produktivität und die Gesundheit werden beeinträchtigt, da Betroffene sich nachts nicht ausreichend erholen können. In einer Doppelblindstudie wurde erstmals durch ein australisches Forscherteam die Wirkung von Medizinalcannabis bei chronischen Schlafstörungen (chronische Insomnie) untersucht. 

Das Ergebnis: Ein Cannabisextrakt mit den Cannabinoiden Tetrahydrocannabinol (THC), Cannabinol (CBN) und Cannabidiol (CBD) ist eine wirksame und sichere Therapie bei chronischer Insomnie. 

Zweiwöchige Cross-over-Studie mit Cannabisextrakt und Placebo bei 24 Betroffenen mit chronischer Insomnie 

Am Zentrum für Schlafforschung der University of Western Australia nahmen 24 Patient*innen im Alter von durchschnittlich 53 Jahren an der randomisierten, placebokontrollierten Cross-over-Studie teil. In dieser wurde das Schlafverhalten ohne Medikamenteneinnahme über zwei Wochen mit einem Aktivitätsmonitor, den die Betroffenen am Handgelenk trugen, und mit Schlaftagebüchern überwacht. Die Teilnehmenden protokollierten die Einschlafdauer, Schlafdauer, Schlafqualität und die Erholsamkeit des Schlafes. Darüber hinaus führten die Wissenschaftler*innen im Schlaflabor eine Polysomnographie durch, wobei während einer Nacht die Körperfunktionen der schlafenden Person beobachtet wurden. 

Im Nachgang wurden die 24 Teilnehmenden per Zufall der Cannabinoid- oder Placebogruppe zugewiesen, wobei weder Betroffene noch Forscher*innen wussten, ob Scheinmedikament oder Cannabis eingenommen wird. Nach der zweiwöchigen Studienphase folgte eine Woche ohne Medikament, bevor die Betroffenen in die jeweils andere Gruppe wechselten. Die Überwachung fand ebenfalls mithilfe eines Schlaftagebuchs, Aktivitätstracker und Polysomnographie statt. 

Die Wissenschafler*innen benutzten einen öligen Extrakt mit THC, CBN, CBD sowie Terpenen als cannabisbasiertes Medikament. Der Placeboextrakt enthielt dieselben Terpene, jedoch keine Cannabinoide. Die Teilnehmenden nahmen die Medikamente jeden Tag eine Stunde vor dem Zubettgehen sublingual, d.h. unter der Zunge, ein. Nach vier Tagen konnte die Dosis nach ärztlicher Rücksprache verdoppelt werden. Um mögliche Nebenwirkungen festzustellen, kontaktierten die Wissenschaftler*innen die Teilnehmenden während der ersten Tage und nach Dosissteigerungen. 

Nebenwirkungen verschwinden über Nacht oder rasch nach Erwachen 

Zwei Drittel (67 %) erlebten leichte Nebenwirkungen, die jedoch weitestgehend über Nacht oder kurz nach dem Erwachen verschwanden. Am häufigsten waren dies Mundtrockenheit und Schwindel. Lediglich ein Proband brach die Studie infolge unerwünschter Effekte ab, sodass die Daten von 23 Patient*innen ausgewertet wurden. Bei älteren Patient*innen und bei psychiatrischen Vorerkrankungen ist Vorsicht angebracht, da Halluzinationen und Schwindel problematisch sind. 

Medizinalcannabis verkürzt Einschlafzeit und verlängert Schlafzeit 

Die Schlaftagebücher der Studienteilnehmer*innen zeigten deutliche Besserungen des Schlafes. Die Schlafdauer stieg an: Bei Einnahme des Placeboextrakts betrug diese durchschnittlich 5,06 Stunden und kletterte unter Medizinalcannabis auf 6,11 Stunden. Somit konnte Cannabis die Schlafdauer um gut eine Stunde verlängern. Auch die Zeit bis zum Einschlafen betrug unter Cannabis 38,1 Minuten, im Vergleich zu 46,9 Minuten unter Scheinmedikament. Die Betroffenen schliefen mit dem Cannabismedikament im Schnitt 8,8 Minuten schneller ein. 

Die Messungen mittels Aktivitätsmonitor und Polysomnographie belegten auch Verbesserungen: Unter Placebo betrug die Schlafdauer den Messgeräten zu Folge 6,52 Stunden und stieg bei Einnahme des Cannabisextrakts um 33,5 Minuten auf 7,07 Stunden an. Damit erreichten die Teilnehmenden mit Einnahme von Cannabis die für Erwachsene empfohlene Schlafenszeit von etwa 7 Stunden. 

Verbesserte Schlafqualität und Erholung 

Die Teilnehmenden benoteten darüber hinaus die Schlafqualität und Erholsamkeit auf einer Skala von 0 (sehr schlecht bzw. nicht erholt) bis 4 (sehr gut bzw. sehr erholt). Resultierend stuften die Patient*innen Schlafqualität mit 2,5 und Erholsamkeit mit 1,2 ohne Medikamenteneinnahme sowie unter Scheinmedikament ein ein.  

Beide Kennzahlen verbesserten sich mit dem Cannabisextrakt auf 1,8 für die Erholung und 3,2 bei der Schlafqualität. Mit Medizinalcannabis schliefen die Betroffenen also besser und wachten erholter auf. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass der begutachtete Cannabisextrakt die Dauer der Schlafstadien nicht beeinflusst. 

Ab wann sind Schlafstörungen chronisch? 

6 bis 15 Prozent der Bevölkerung hat mit chronischen Schlafstörungen, die in Form von Einschlaf- und/ oder Durchschlafstörungen auftreten, zu kämpfen. Wenn die Beschwerden an mehr als 3 Nächten in der Woche erscheinen und länger als 3 Monate bestehen, sprechen Experten von einer chronischen Insomnie. Während Betroffene mit Einschlafstörungen mehr als eine halbe Stunde zum Einschlafen benötigen, wachen Patient*innen mit Durchschlafstörungen nachts auf und liegen länger als 30 Minuten wach oder sie erwachen morgens sehr zeitig (mehr als 30 Minuten vor der gewünschten Aufwachzeit). 

Größere Studien nötig 

Die Wissenschaftler*innen kamen zum Schluss, dass Medizinalcannabis eine Alternative bei chronischen Schlafstörungen sein kann. Um den Effekt eindeutig zu beweisen und die optimale Dosierung zu inspizieren, sind jedoch Studien mit größeren Personengruppen nötig. 

 

Quelle: 

Jennifer H Walsh, Kathleen J Maddison, Tim Rankin, Kevin Murray, Nigel McArdle, Melissa J Ree, David R Hillman, Peter R Eastwood, Treating Insomnia Symptoms with Medicinal Cannabis: A Randomized, Cross-Over Trial of the Efficacy of a Cannabinoid Medicine Compared with Placebo, Sleep, 2021;, zsab149, https://doi.org/10.1093/sleep/zsab149 

 

 

 

 

 

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