Medizinisches Cannabis – Darmgesundheit bei Krebserkrankung

Februar 15, 2024
national-cancer-institute-BxXgTQEw1M4-unsplash-1200x800.jpg

Unterstützung der Darmgesundheit mit medizinischem Cannabis bei Menschen mit fortgeschrittenem Krebs 


Die potenzielle Unterstützung der Darmgesundheit bei Menschen mit fortgeschrittenem Krebs durch medizinisches Cannabis stellt ein für viele Betroffene spannendes Forschungsgebiet dar, das bereits einige positive Ergebnisse liefert. Eine 2024 veröffentlichte Studie beschäftigte sich speziell mit dem Thema, wie medizinisches Cannabis zur Kontrolle der Mukositis und zur Vorbeugung des damit verbundenen Symptomenkomplexes eingesetzt werden könnte.


Mukositis 

Bei der klassischen Krebsbehandlung mit einer Chemotherapie kommt es unter anderem als Nebenwirkung zu Schäden des gesunden Gewebes, so auch häufig zum Zusammenbruch der Schleimhautbarriere des Magen-Darm-Trakts, zu einer sogenannten Mukositis. Grund dafür ist eine schnelle und umfassende DNA-Schädigung in hoch proliferativen Stammzellen in der gesamten Magen-Darm-Schleimhaut. Durch den daraufhin ausgelösten Zelltod, sowie entstehende Entzündungen wird die Schleimhaut degradiert und bildet Läsionen im Mund, in der Speiseröhre, im Darm und im Rektum. Folge sind Geschmacksveränderungen, Dysphagie, Schmerzen und Malabsorption, die jeweils zu Anorexie, Unterernährung und Dehydrierung führen. Durch die entstehenden Lücken in der schützenden Schleimhaut wird ein unwirtliches Umfeld für die ansässigen Darmbakterien geschaffen. Es kommt zu einer weiteren Schwächung der Schleimhautbarriere. Fieber, kognitive Beeinträchtigung und Müdigkeit können das Resultat sein.  

Die Rolle des Endocannabinoid-Systems

Medizinisches Cannabis enthält Verbindungen wie Cannabinoide, darunter Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC), die mit dem Endocannabinoidsystem des Körpers interagieren. Dieses reguliert eine Reihe von Funktionen, die bekannterweise bei einer Chemotherapie negativ beeinflusst werden, darunter besonders Stimmung, Angst, Kognition, Appetit, Schlaf und Schmerz. Auch gastrointestinale Entzündungen, die Schleimhautabwehr und Magenmotilität, und damit auch Durchfall und Verstopfung, spielen dabei eine Rolle. Angesichts der immunmodulatorischen Fähigkeit des ECS können zahlreiche Symptome und Nebenwirkungen der Chemotherapie dadurch beeinflusst werden.  

Bisherige Verwendung von medizinischem Cannabis bei Krebs

Es gibt bereits zahlreiche Studien zur Verwendung von medizinischem Cannabis in der Krebsbehandlung. Dabei sind Schmerzen die am häufigsten genannte Symptome. Auch Übelkeit, Erbrechen, Anorexie sowie Schlafstörungen und psychologische Symptome (Depressionen, Angst) spielen eine große Rolle. Neue Erkenntnisse zeigen die potenzielle Rolle von Cannabis für diese durch die Chemotherapie ausgelösten Nebenwirkungen. Insbesondere CBD und THC werden intensiv auf ihre Fähigkeiten, die Funktion des Magen-Darm-Trakts zu beeinflussen, untersucht. Dies liegt daran, dass das Endocannabinoid-System (ECS) eine erhebliche Kontrolle über die Homöostase im Magen-Darm-Bereich ausübt. Grund dafür sind CNR1 und CNR2, G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, die im Gastrointestinaltrakt vorhanden sind. Dieses Netzwerk von ECS-Rezeptoren steuert die Magenmotilität.  

Medizinisches Cannabis – Nutzung während aktiver Krebs-Behandlung

Laut der für diesen Artikel betrachteten Studie [1] sollte medizinisches Cannabis während einer aktiven Chemotherapiebehandlung verwendet werden, um sowohl die Tiefe als auch die Dauer der Mukositis zu minimieren. Es ist wichtig zu beachten, dass viele Erkenntnisse für die Verwendung von medizinischem Cannabis bei Krebs nur in vitro oder in präklinischen (Tier-)Modellen erforscht wurden.  

Dennoch gibt es auch klinische Studien an Menschen, die die Rolle von Cannabinoiden bei der aktiven Krebs-Behandlung erforschen. Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass bei der Standardbehandlung von rezidivierenden hochgradigen Gliomen durch die Ergänzung von medizinischem Cannabis eine verbesserte Lebensqualität und ein durch Bildgebung ermitteltes Ansprechen des Tumors bei 11 % der Patienten:innen nachgewiesen werden konnte, während bei 34 % der Patienten:innen der Krankheitsverlauf im Vergleich zu früheren Kontrollen stabil blieb. Diese klinischen Studien machen deutlich, dass ein Teil der Patienten:innen von der Behandlung mit Cannabinoiden profitieren könnte.
Derzeit gibt es jedoch noch keine prädiktiven Biomarker, die eine Identifizierung von Respondern und Nicht-Respondern ermöglichen.  

Auch wenn die Verwendung von medizinischem Cannabis während einer aktiven Chemotherapie weiterhin einige Herausforderungen, u.a. die Wechselwirkung mit anderen Medikamenten, mit sich bringt, gibt es auch mögliche Vorteile und Chancen, die in diesen Studien aufgezeigt wurden. Der Fokus bei der Add-on Therapie mit med. Cannabis liegt auf der Bekämpfung der Entstehung einiger Symptome/ der Bekämpfung dieser Symptome im frühen Stadium. 

Folgende Vorteile kann eine gezielte Add-on Behandlung mit med. Cannabis bei Mukositis bewirken:  

  • Medizinisches Cannabis kann bei Gewichtsverlust durch verminderter orale Essensaufnahme (Anorexie) durch Geschmacksveränderungen und Schmerzen das Essverhalten derart beeinflussen (appetitanregend), was sich positiv auf die Gewichtserhaltung und den Ernährungszustand auswirken kann.   
  • Schlafstörungen, hervorgerufen durch Durchfall und Schmerzen. Durch die analgetischen Eigenschaften von med. Cannabis hat eine gezielte Behandlung das Potenzial, die Lebensqualität der Patienten:innen zu erhöhen.  
  • Entzündungshemmende Eigenschaften von med. Cannabis  

Bei Mukositis ist die Verwendung von CBD und THC (zusammen mit anderen Cannabinoiden und Verbindungen wie Terpenen) vermutlich am besten geeignet, um aufgrund ihrer synergistischen Wirkungen sinnvolle Vorteile zu erzielen. Somit kann CBD nachweislich den (unerwünschten) psychotropen Wirkungen von THC entgegenwirken, während THC bspw. die Fähigkeit hat, bei Angstzuständen, oder bei der Förderung der Nahrungsaufnahme/des Appetits und der Schlafqualität unterstützend zu wirken.  

Schlussfolgerung

Angesichts der zahlreichen Symptome, die als Sekundärfolge einer Beeinträchtigung der Schleimhautbarriere bei Mukositis auftreten, hat der Einsatz von medizinischem Cannabis als Add-On Therapie das Potenzial bestimmte Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen während einer aktiven Krebs-Behandlung zu verbessern.  

Weitere Studien sind notwendig, um die spezifischen Auswirkungen von medizinischem Cannabis auf die Darmgesundheit bei Menschen mit fortgeschrittenem Krebs besser zu verstehen und die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Behandlungsoption zu validieren. 

 


Quelle:

1 –Wardill, H. R., et al. (2024). Supporting gut health with medicinal cannabis in people with advanced cancer: potential benefits and challenges. British journal of cancer, 130(1), 19–30. https://doi.org/10.1038/s41416-023-02466-w.

Hauptsitz

CanPharma GmbH
Lehnitzstraße 14
16515 Oranienburg
Deutschland

Social Media